Biometrie

Biometrische Systeme dienen der automatisierten Erkennung natürlicher Personen anhand ihrer biologischen Charakteristika und ihres Verhaltens, z.B. anhand der Gesichtsgeometrie, Fingerabdrücke, Irismuster, Venenmuster in Hand oder Finger, der Stimme oder handschriftlicher Unterschriften. Sie wurden zunächst vorrangig in hoheitlichen Anwendungen wie der automatisierten Grenzkontrolle, forensischen Datenbanken, Datenbanken von Visa-Antragstellern und Asylbewerbern genutzt.

Zunehmend hält die Biometrie jedoch Einzug in kommerzielle Alltagsanwendungen wie Smartphone- bzw. PC-Login, Zugangskontrolle zu privaten oder betrieblichen Räumen oder Gebäuden und den Zahlungsverkehr. Das Entsperren mobiler Endgeräte verhilft der Biometrie, insbesondere der Fingerabdruck- und der Gesichtserkennung, im Alltag zum Durchbruch. Die am weitesten verbreiteten biometrischen Anwendungen nutzen Sensoren, die in mobile Endgeräte integriert sind. Biometrie kann eine hohe Sicherheit der jeweiligen Anwendung und im Vergleich zu besitz- oder wissensbasierten Authentisierungsverfahren mehr Bequemlichkeit für die Benutzer bieten.

Aufgrund der langfristigen Personenbindung biometrischer Daten bergen biometrische Verfahren neben Chancen jedoch auch Risiken. Die Europäische Datenschutzgrundverordnung erkennt biometrische Daten als besonders schützenswert an und erlaubt ihre Verarbeitung nur mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person oder auf gesetzlich geregelter Grundlage.

Unser Know-how

Das Fraunhofer-Institut IGD forscht und entwickelt seit 1996 im Bereich Biometrie. Im Auftrag des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und des Bundeskriminalamts (BKA) wurden biometrische Systeme evaluiert und deren Sicherheit getestet. In der Folge wurden ein Evaluierungslabor und ein Demonstrationszentrum eingerichtet. Wir unterstützen in zahlreichen (inter-)nationalen Projekten sowohl öffentliche Partner als auch Industriekunden bei der Entwicklung, Bewertung und Nutzung biometrischer Verfahren. Zudem wirken wir aktiv bei der Standardisierung biometrischer Technologien in ISO/IEC JTC 1/SC 37 mit und kennen und bestimmen damit die zukünftigen Anforderungen für den zukünftigen Einsatz biometrischer Systeme.

Zusammen mit Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie SIT, der Hochschule Darmstadt und der TU Darmstadt ist das Fraunhofer IGD Teil von ATHENE, dem Nationalen Forschungszentrum für Angewandte Cybersicherheit. ATHENE wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) und hat seinen Sitz in der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Deutschlands erster Adresse für Cybersicherheitsforschung.

Aktuelle Herausforderungen und Projekte

 

Embedded Biometrics

Moderne biometrische Lösungen benötigen viel Rechenleistung, doch digitale Systeme werden in der heutigen Welt kleiner und komprimierter. Um nun biometrische Erkennungssysteme auch auf Low-End-Geräten einsetzen zu können, werden effiziente Lösungen benötigt. Wie können diese effiziente Lösungen aussehen, ohne dabei an Genauigkeit und damit Sicherheit zu verlieren?

 

Fairness und Bias

Biometrische Systeme finden zunehmend auch in kritischen Bereichen Anwendungen, etwa Grenzkontrollen oder Kriminalistik, wo sie das Leben von Menschen direkt beeinflussen können. Leider zeigen Studien immer wieder, dass sich biometrische Systeme nicht zwangsläufig fair verhalten. Doch warum sind einige biometrische Modelle diskriminierend und was ist notwendig um faire Systeme zu gestalten?

 

Biometric Sample Quality

Nicht jedes Bild ist gleich gut geeignet, um in der automatisierten Gesichtserkennung eingesetzt zu werden. Die Eignung von biometrischen Stichproben zur Erkennung wird auch als biometrische Qualität bezeichnet. Das Bestimmen von der biometrischen Qualität ist ein wesentlicher Schritt um Fehler zu vermeiden und vorzubeugen. Doch wie lässt sich die Qualität bestimmen und was beeinflusst die biometrische Qualität?

 

Erklärbarkeit und Interpretierbarkeit

Die Genauigkeit von biometrischen Systemen wird getrieben von den aktuellen Fortschritten im Bereich des Deep Learnings. Der Fortschritt kommt mit dem Nachteil, dass interne Zusammenhänge der hochkomplexen Modelle schwer nachvollziehbar sind. Doch um Vertrauen und Sicherheit in die biometrischen Entscheidungen aufzubauen ist Nachvollziehbarkeit wichtig. Doch wie werden hochkomplexe Modelle erklärbarer oder interpretierbarer?

 

Identifizierung in historischen Gemäldeporträts

Durch den Lauf der Zeit wurde die Information, welche Person in einem historischen Gemäldeporträt abgebildet wurde, häufig verloren. Heute können nur noch Vermutungen angestellt werden, welche historische Person auf dem Gemälde vom Künstler verewigt wurde. Wie kann die moderne biometrische Gesichtserkennung dabei helfen vergessen geglaubte Informationen wiederzuerlangen?

 

Erkennung von Präsentationsangriffen

Immer wieder wird versucht Biometrische Systeme zu überwinden. Bei sogenannten Präsentationsangriffen wird versucht mithilfe von Attrappen wie Gesichtsmasken, Videos oder Bildern das entsprechende System zu überlisten. Doch wie können diese Angriffe erkannt und so etwa ein unerlaubter Zutritt verwehrt werden?

 

Facemorphing

Dr. Naser Damer berichtet im Interview über die aktuelle Forschung am ATHENE-Center rund um das Thema Facemorphing.

 

Studie: Biometrische Erkennungssysteme im Verbraucheralltag

In der Studie „Biometrische Erkennungssysteme – Nutzen und Hemmnisse im Verbraucheralltag“ wurde, ausgehend von einer strukturierten Übersicht von aktuell von Verbrauchern genutzten und mit großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten fünf Jahren zur Nutzung angebotenen biometrischen Erkennungssystemen, eine Online-Befragung zur Ermittlung der Verbrauchersicht auf biometrische Erkennungssysteme durchgeführt.

 

Evaluierung biometrischer Systeme zur Identifizierung von Personen

Vier am Markt erhältliche Systeme zur Gesichtsidentifikation wurden von uns im Auftrag des BKA für den Einsatz in der Kriminalistik hinsichtlich ihrer Erkennungsleistung evaluiert.

 

Gesichtserkennung bei medizinischen Masken?

Funktionieren biometrische Gesichtserkennungssysteme noch trotz Masketragens? Die jüngste COVID-19-Pandemie hat den Wert der hygienischen und kontaktlosen Identitätsprüfung erhöht. Dies führte jedoch zu einer weit verbreiteten Verwendung von Gesichtsmasken, die unerlässlich sind, um die Pandemie unter Kontrolle zu halten. Die Auswirkung des Tragens einer Maske auf die Gesichtserkennung in einer kooperativen Umgebung ist derzeit ein sensibles, aber noch wenig untersuchtes Thema.