Fachkräftemangel in Deutschland

Löst der Einsatz digitaler Technologien die Folgen des Fachkräftemangels?

Innovative Anwendungen des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD verkürzen z. B. die Dauer einzelner Berechnungen in Planungsverfahren um mehr als 90 Prozent. Dadurch bietet sich die Chance, Prozesse deutlich zu beschleunigen und Facharbeiter weiterzuqualifizieren. Gleichzeitig verbessert die Verarbeitung großer Datensätze die Qualität von Entscheidungen. Eine eingängige Visualisierung erleichtert zudem die Erschließung der entscheidungsrelevanten Inhalte. Beschleunigung, Effizienzgewinn und Qualitätsverbesserung gehen Hand in Hand.

Die vorgestellten Technologien zeigen unterschiedliche Potenziale auf. Gemeinsam ist ihnen: Sie unterstützen nicht nur Planung, Qualifizierung und Entscheidungsfindung, sondern ermöglichen deutliche Leistungssteigerungen. Der Einsatz von Technologien des Fraunhofer IGD trägt somit dazu bei, potenzielle Arbeits- und Fachkräfteengpässe zu reduzieren und Produktivitätsgewinne zu realisieren.

Ein bekanntes Phänomen: Arbeits- und Fachkräfteengpässe nehmen zu

Die Rekrutierung von Fachkräften gestaltet sich immer schwieriger und aufwendiger. Dies gilt für eine Vielzahl technischer Berufe, auch in der Entwicklung, Planung und Qualitätssicherung. Laut aktueller Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2023 lag die Zahl der Engpassberufe bei 183. Ebenso präsent ist der Nachwuchsmangel in den nicht-technischen Berufen, wie z. B. in der Pflege, mit weitreichenden Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Deutschlands.

Die demografische Entwicklung führt auch in den kommenden Jahren zu einem deutlichen Rückgang des Arbeitskräfteangebots. So sinkt die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bis zum Jahr 2035 um 3,5 Mio. Personen (bzw. um 4,4 Mio. bis 2040, vgl. Abbildung, Quelle: Quelle: Eigene Berechnungen Prognos AG auf Basis des Zensus 2022 und der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung). Das entspricht 7 Prozent bzw. 10 Prozent der derzeit Erwerbstätigen. Die niedrigen Geburtenraten in Deutschland und Europa verschärfen die Situation. Auch der Zuzug von Arbeitskräften aus dem Ausland wird diese Lücke nicht schließen können.

Dennoch wird die Nachfrage nach spezifischen Qualifikationen steigen. Globalisierung und Dekarbonisierung, zunehmende Technisierung, Digitalisierung und der Einsatz Künstlicher Intelligenz verändern die Zukunft der Arbeit. Unternehmen stellen veränderte Anforderungen an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und fordern insbesondere digitale Kompetenzen. So nehmen potenzielle Arbeits- und Fachkräfteengpässe weiter zu.

 

Technologien stärken Qualifikation und Leistungsfähigkeit

 

Computer und computergesteuerte Maschinen können eine Vielzahl von Tätigkeiten unterstützen und damit deutliche Leistungssteigerungen erzielen. Folglich bieten digitale Technologien mehr und mehr Ansatzpunkte, entstehende Arbeits- und Fachkräfteengpässe zu reduzieren. Rund 60 Prozent der Tätigkeiten in Fachkraftberufen können durch die Anwendung digitaler Technologien substituiert werden (Institut für Arbeitsmarktforschung).

Hierbei geht es sowohl um Produktivitätssteigerungen als auch um eine sinnvolle und wünschenswerte Entlastung. Dies führt zu (technisch) attraktiveren Arbeitsumgebungen, in denen Routineaufgaben an die Technik abgegeben werden können. Bedeutend ist das auch, um den qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen und ihm weitere Entwicklungschancen zu bieten.

Wir stellen ausgewählte Technologien des Fraunhofer IGD vor, die zeigen, was heute schon möglich ist – und wie sich die Arbeitswelt von morgen ändern wird.

Digitale Planungstools beschleunigen den Glasfaserausbau in Deutschland

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Seit Jahren ist bekannt, dass Deutschland beim Thema schnelles Internet hinterherhinkt. Die Deutsche Telekom hat sich zum Ziel gesetzt, mehr als 2,5 Mio. Haushalte jährlich mit Glasfaseranschlüssen zu versorgen. Schnell wurde ihr klar, dass sie dieses Ziel auf Grundlage der bisherigen Verfahren nicht erreichen kann. Gründe dafür sind die Vielzahl der beteiligten Genehmigungsbehörden, die Heterogenität der Daten und Datenlieferanten, die Kapazitäten der Fachkräfte sowie die existierenden Planungswerkzeuge.

Daher hat die Deutsche Telekom das Fraunhofer IGD beauftragt, ein Gesamtsystem für die digitale Planung des Glasfaserausbaus zu konzipieren und gemeinsam mit ihr umzusetzen. Einfache Nutzbarkeit, Präzision in der Planung und wirtschaftlicher Betrieb waren Kernziele. Innovative Teillösungen, umgesetzt auf modernsten Cloud-Architekturen, bieten ein Höchstmaß an paralleler Verarbeitung größter Mengen von Bildern und hochpräzisen 3D-Punktwolken. Systemnutzer profitieren von automatisierten Workflows, integriert in eine interaktive Lösung. Diese vereinfacht und beschleunigt die Entscheidungsfindung und zentimetergenaue Planung der Glasfaserinfrastruktur.

Mittlerweile wurden mithilfe des neuartigen Planungstools Glasfaseranschlüsse für mehr als 8 Mio. Haushalte geplant. Die Dauer des Planungsprozesses konnte um bis zu 75 Prozent reduziert werden. Die Kapazität der Fachplaner wird somit besser genutzt. Ohne diese Beschleunigung wären die Ausbauziele der Deutschen Telekom nicht erreichbar gewesen. Darüber hinaus konnten durch neue Berechnungsverfahren die Kosten für Rechenressourcen um einen Faktor von bis zu 1000 reduziert werden. Die Laufzeit ausgewählter Prozessschritte sank von 133 auf 11 Stunden. Gleichzeitig hat sich die Attraktivität des Arbeitsumfelds durch die Qualität der Visualisierungen deutlich erhöht.

Aus- und Weiterbildung an Digitalen Zwillingen – mit Autorensystemen Trainingsszenarien wirtschaftlich entwickeln und einsetzen

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Digitale Zwillinge besitzen ein breites Einsatzspektrum. Gerade für die Aus- und Weiterbildung eröffnen sich neue Wege und Einsatzbereiche. Ein großes Hemmnis für die wirtschaftliche Einführung bleibt allerdings die Erstellung von Lerninhalten. Das dazu benötigte Wissen ist oft nur in den Köpfen der ausbildenden Fachkräfte vorhanden. Die notwendigen Spezialkenntnisse in der Gestaltung von Lerninhalten mit digitalen Werkzeugen liegen dort nur selten vor. Folglich werden dafür Dienstleister beauftragt. Dies ist zeit- und kostenaufwendig und schränkt die Flexibilität des Gestaltungsprozesses ein.

Das Fraunhofer IGD hat effiziente Autorensysteme und Workflows entwickelt, die Ausbilder in die Lage versetzen, selbst ohne Programmierkenntnisse virtuelle Trainingsszenarien zu entwickeln, umzusetzen und unmittelbar einzusetzen. Dadurch werden Anpassungszyklen verkürzt oder überflüssig. In der Evaluierung wurden bis zu 50 Prozent Zeit- und 60 Prozent Kostenersparnis nachgewiesen.

Die Lösungen des Fraunhofer IGD können bspw. existierende 3D-Modelle direkt verwenden und diese – wenn nötig – vereinfachen, um in immersiven Low-Cost-Umgebungen interaktiv zu lehren und zu lernen. Sie erlauben die Aus- und Weiterbildung einzelner Personen, aber auch ganzer Gruppen, deren Mitglieder mit- und voneinander lernen können.

Die Ausbildung wird damit deutlich attraktiver: Inhalte können im wahrsten Sinne virtuell »begriffen« werden, das Gelernte wird schneller verinnerlicht, Lernen macht mehr Spaß. Für das Fachpersonal wird das Lehren effizienter: Ihr Wissen wird in wiederverwendbaren Trainingsszenarien reflektiert – auch für die Zukunft.

Integrierte Leitstände zur visuell unterstützten Entscheidungsfindung

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Fundierte Entscheidungen sollten die relevanten Regeln, Regulatorien und aktuelle Daten berücksichtigen können. Es benötigt häufig viel Zeit, um diese Daten zu sammeln und nutzerfreundlich aufzubereiten.

Das Fraunhofer IGD entwickelt für unterschiedliche Anwendungskontexte visuelle Leitstände. Diese führen aus den wesentlichen Quellen relevante Daten zusammen, filtern diese und bereiten sie visuell auf. Somit können Fachkräfte die entscheidenden Informationen schnell wahrnehmen. Dabei steht der aufgabenspezifische Informations- bzw. Erkenntnisbedarf im Mittelpunkt. Anwendung finden die Lösungen des Fraunhofer IGD in Pflegeeinrichtungen, in der Informationssicherheit sowie der Produktion – stets mit individualisierten Informationsvisualisierungen. Die Dashboards bieten einen interaktiven Zugang zu intelligenten Analysefunktionen.

Für Pflegeeinrichtungen hat das Fraunhofer IGD z. B. seine virtuellen Leitstände so adaptiert, dass das Pflegepersonal einen Überblick über alle Vitaldaten der Patienten einer Station bekommt. Um den Bezug zur Realwelt zu steigern und die Orientierung zu erleichtern, werden diese Informationen einem virtuellen 3D-Modell überlagert dargestellt. Fachkräfte können so kritische Situationen leichter erkennen und orten.

Das innovative Lösungskonzept der interaktiven visuellen Analyse zeigt auch Vorteile in anderen Bereichen: für Cyber-Attacken oder in der Produktion. Dort steigert es die Effizienz der Fachkräfte, sie sehen zum Teil erstmalig alle entscheidenden Informationen auf einen Blick. Somit können sie ihre Zeit stärker auf die Erfüllung ihrer Kernaufgaben fokussieren.

Ausblick

Dieser erste Ausblick auf Innovationen für die Arbeitswelt von morgen zeigt anhand von drei Technologien des Fraunhofer IGD ein breites Spektrum von Anwendungsoptionen. Digitale 3D-Planungstools, Autorensysteme für die Aus- und Weiterbildung an funktionalen 3D-Modellen sowie visuelle Leitstände nützen Betrieben und Organisationen in verschiedenen Branchen.

Das Einsatzspektrum von digitalen Technologien berücksichtigt Unternehmen der Telekommunikation und Infrastrukturplanung ebenso wie die fertigende Industrie, aber auch die Branchen Gesundheit und Pflege sowie IT-Sicherheit. Arbeitsprozesse werden transparenter, gewinnen an Qualität und Geschwindigkeit, Entscheidungen werden fundierter getroffen. Gleichzeitig tragen diese beispielhaften Lösungen dazu bei, den Fachkräftemangel zu entschärfen und die Qualität der Arbeit zu verbessern. Sie erlauben den Fachkräften, sich auf die Fähigkeiten zu konzentrieren, die sie auszeichnen.

Das Fraunhofer IGD weiß aus den Gesprächen mit seinen Kunden, dass mit dedizierten bzw. individualisierten Lösungen viel Potenzial gehoben werden kann, z. B. durch das Beseitigen von repetitiven manuellen Zwischenschritten oder durch die Automatisierung existierender bzw. die Etablierung neuer Workflows. Dabei bringt das Fraunhofer IGD sein Know-how rund um 3D-Computergraphik, Computer Vision, Künstliche Intelligenz und Visualisierung ein.

Dieser Einblick in unsere Innovationslandschaft wird in einer Reihe fortgesetzt. Dabei verknüpfen wir die technische Expertise des Fraunhofer IGD mit einer volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Perspektive. Hier leistet das Team der Prognos seinen Beitrag. Technikentwicklung und -anwendung finden nicht im Labor statt, sondern in einer konkreten Lebens- und Arbeitswelt, die hiermit ebenfalls Gehör findet.

FRAUNHOFER IGD

Das Fraunhofer IGD setzt seit über 30 Jahren Standards im Visual Computing. Unsere einzigartige Breite an Kompetenzen und Technologien bündeln wir maßgeschneidert für unsere Kunden.

Visual Computing vereint Computergraphik und Computer Vision. Vereinfacht gesagt, beschreibt es die Fähigkeit, Informationen in Bilder zu verwandeln und aus Bildern Informationen zu gewinnen. In der Computergraphik generieren Computer Bilder, Graphiken oder mehrdimensionale Darstellungen, die Menschen be- und verarbeiten. Beispiele hierfür sind Anwendungen der Virtuellen und Simulierten Realität. Computer Vision ist die Disziplin, die Computern das »Sehen« beibringt. Hierbei sieht eine Maschine mittels Kamera ihre Umgebung und wertet diese z.B. mittels Künstlicher Intelligenz oder klassischer Bildverarbeitung aus. Anwendungsbeispiele finden sich in der optischen Qualitätssicherung und in der Erweiterten Realität (engl. Augmented Reality)

PROGNOS

Die Prognos AG ist eines der ältesten Wirtschaftsforschungsunternehmen Europas. Seit 1959 erarbeiten wir Analysen für Unternehmen, Verbände, Stiftungen und öffentliche Auftraggeber. Nah an ihrer Seite verschaffen wir unseren Kundinnen und Kunden den nötigen Gestaltungsspielraum für die Zukunft – durch Forschung, Beratung und Begleitung. Bewährte Modelle liefern die Basis für belastbare Prognosen und Szenarien. Mit über 200 Expertinnen und Experten ist das Unternehmen an zehn Standorten vertreten: Basel, Berlin, Bremen, Brüssel, Düsseldorf, Freiburg, Hamburg, München Stuttgart und Wien (dort als Tochtergesellschaft Prognos Europe GmbH).

Unsere Projektteams arbeiten interdisziplinär, verbinden Theorie und Praxis, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.