Intelligenter Stuhl fördert gesundes Sitzen
Möbel mit Sensoren, die auch ohne Berührung Bewegungen registrieren, können zur Gesundheitsüberwachung beitragen. Das Fraunhofer IGD präsentiert auf der Gesundheitsmesse DMEA einen intelligenten Stuhl mit kapazitiver Sensorik.
Das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD stellt auf der Gesundheitsmesse DMEA in Berlin einen intelligenten Stuhl vor, der Sitzpositionen und Bewegungen erkennt und Handlungsempfehlungen an den PC, das Smartphone oder eine Smartwatch senden kann. Wer einen Großteil seines Arbeitstages sitzend verbringt, wird auf eine rückenschonende Sitzposition hingewiesen oder an ein kurzes Aufstehen zwischendurch erinnert. Dafür wurde ein handelsüblicher Bürostuhl unter der Sitzfläche und in Rücken- und Armlehnen mit kapazitiven Sensoren ausgestattet. Der entscheidende Vorteil gegenüber Drucksensoren: auch ohne direkte Berührung messen sie die Position und Bewegung des Menschen.
Intelligenter Stuhl überwacht Gesundheitsübungen
Relevanz hat eine Positionserkennung am Arbeitsplatz nicht nur bei der Prävention, um Rückenschmerzen durch langes oder falsches Sitzen vorzubeugen. Nach einer OP können Patientinnen und Patienten gezielte Übungen zur Nachsorge verordnet bekommen. Durch Anbindung an eine App werden sie nicht nur an die Einhaltung ihrer Übungen erinnert, sondern bekommen auch direkt Feedback darüber, ob sie die Übungen korrekt ausgeführt haben. Für dieses Übungstracking wird mittels maschinellem Lernen eine Vielzahl möglicher Bewegungsabläufe im Vorfeld angelernt und der Nutzer wählt die ihm verordneten Übungen sowie die Dauer und Häufigkeit aus. Stuhl und App werden zu persönlichen Gesundheitsassistenten und können auch Medizinern wertvolle Daten zur Überwachung der Nachsorge liefern. Auf der Messe werden die Funktionen an einer eigenen App demonstriert. Die Einbindung an bestehende Gesundheits- und Fitness-Apps ist grundsätzlich ebenfalls möglich.
Wie funktionieren kapazitive Sensoren?
Die kapazitive Sensorik nutzt die allgegenwärtige Präsenz elektrischer Ladung aus. In der Umgebung entstehen schwache elektrische Felder, deren Änderungen die Sensoren messen können. Weil der menschliche Körper zum größten Teil aus ionisiertem Wasser besteht, wirkt er wie eine Seite der elektrischen Kapazität, die direkte Umgebung, etwa die Stuhllehne, wie die andere Seite. Bei Annäherung an die Stuhllehne ändert sich die elektrische Kapazität dieses Feldes. Auch wenn der Rücken die Lehne nicht berührt, wird seine Position erkannt und in die Auswertung und Handlungsempfehlungen mit einbezogen. Da der eigentliche Sensor und die Elektrode als Messeinheit voneinander getrennt werden können, ist die Sensorik leicht zu verbauen und zudem günstig zu erwerben. Die kapazitiven Sensoren lassen sich unauffällig in Alltagsumgebungen integrieren, können unter Stoff versteckt oder in Möbel bereits bei der Produktion oder nachträglich integriert werden. Das macht sie zu einem wichtigen Bestandteil aktueller Smart-Living-Konzepte. Die Anwendungsfelder sind vielfältig – der intelligente Stuhl ist nur ein Szenario, das beispielhaft veranschaulicht, was kapazitive Sensorik im Smart Home- und Gesundheitsbereich ermöglichen kann. Das Fraunhofer IGD ist für weitere angewandte Forschung auf der Suche nach interessierten Industriepartnern, z.B. aus dem Möbelbau, um den Einsatz kapazitiver Sensorik weiter voranzubringen.