Bislang ist die Smart City nur ein Konzept – bisher existieren lediglich Insellösungen. Das Fraunhofer IGD arbeitet an Technologien, um die Smart City Wirklichkeit werden zu lassen.
Internet der Dinge? Mit diesem Begriff dürften wahrscheinlich nicht allzu viele Bürgerinnen und Bürger etwas anfangen können. Und doch haben wir seine Dienste längst zu schätzen gelernt: So spüren Drucksensoren in Parkhäusern, ob ein Auto auf ihnen draufsteht, und geben uns via Leuchtanzeigen bereits etliche Straßenzüge vom Parkhaus entfernt die Information, wie viele Stellplätze noch frei sind. In einigen Städten, etwa in Darmstadt, ist die Straßenbeleuchtung mit Bewegungsmeldern verknüpft und schaltet sich nur bei Bedarf an, um Energiekosten zu sparen – also dann, wenn Passanten, Autofahrer und Co. sich nähern. In anderen Straßenzügen messen Geräuschsensoren den Lärmpegel: Ist er zu hoch, wird die Geschwindigkeitsbegrenzung weiter herabgesetzt, um den Krach in Maßen zu halten.
Wie »smart« sind unsere Städte wirklich?
Doch so angenehm Dinge wie Parkplatzanzeigen auch sind – von der Smart City liegen sie noch weit entfernt. Bei all diesen Anwendungen handele es sich vorwiegend um Insellösungen, ist Daniel Fährmann vom Fraunhofer IGD überzeugt. Smart City heißt jedoch weg von Einzellösungen und hin zum Gesamtkontext. In den Alltag gebracht bedeutet das, nicht nur einzelne Sensordaten zu nutzen, um bestimmte Aktionen auszulösen – etwa Straßenlampen anzuschalten, wenn die Sensoren eine Bewegung vermelden –, sondern die Daten verschiedener Sensoren so miteinander zu koppeln, dass ein Mehrwert entsteht. Die Anwendungsszenarien sind vielfältig, zahlreiche Anwendungen dürften sich auch erst dann ergeben, wenn die entsprechende Technik zur Verfügung steht.
Plattformen? Die stehen noch in den Anfängen – und damit auch die Smart City
Die erste »Baustelle« auf dem Weg zur Smart City besteht darin, über die Sensordaten verfügen zu können, denn schließlich muss gewährleistet sein, dass Anwenderinnen und Anwender stets Zugriff darauf haben. Zwar gibt es bereits erste Plattformen, die dies ermöglichen sollen, allerdings gleichen sie eher einem Gefäß, in das Sensorbetreiber die Daten »hineinfüllen« können. Tun sie dies nicht oder nicht regelmäßig, dann bleiben die Daten für die Anwender unerreichbar. Das ständige Aktualisieren ist jedoch mit Aufwand verbunden, zudem stehen die Daten nicht live zur Verfügung, sondern bestenfalls im Nachhinein. Ein weiteres Manko: Die verschiedenen Daten werden nicht in einem einheitlichen Datenformat abgelegt – dies verkompliziert die Zusammenführung. Zwar gebe es technische Grundlagen für Smart Citys, allerdings seien diese überwiegend für sich selbst stehende Technologien, sagt Fährmann.
Ein weiteres Nadelöhr auf dem Weg zur Smart City: Möchte man den Mehrwert der Sensordaten in die Höhe treiben, müssen die Daten aus verschiedenen Domänen sinnvoll miteinander kombiniert werden. Man spricht dabei auch von Multisensorfusion – auch diese steckt noch in den Kinderschuhen.
Forschung des Fraunhofer IGD treibt Smart City voran
Das Fraunhofer IGD arbeitet mit Hochdruck an Lösungen. Was die Plattform angeht, so haben die Forscherinnen und Forscher bereits eine Technologie parat: UniversAAL. Entwickelt wurde diese Plattform zwar für eine andere Fragestellung, nämlich: Wie kann das Internet der Dinge ältere Menschen unterstützen, damit sie möglichst lange in ihrer Wohnung und damit in ihrem vertrauten Bereich leben können und trotzdem jederzeit gut betreut sind? Aber die von der Plattform UniversAAL übernommene Aufgabe entspreche exakt derjenigen, die auch im Bereich Smart City benötigt werde, erläutert Fährmann. Schließlich führe UniversAAL die Daten verschiedener Sensoren live zusammen und speichere sie in einem einheitlichen Datenformat ab. Hat der Betreiber eines Sensors die Plattform einmal freigeschaltet, zieht sie die Sensordaten selbstständig herunter – der Betreiber hat also einen Punkt weniger auf seiner Agenda. Für den Bereich Intelligentes Wohnen funktioniert die UniversAAL-Plattform bereits. Nun gilt es für die Forscherinnen und Forscher, sie auf die Smart City zu übertragen.
Mit der Sensordatenfusion hat Fährmann auch den zweiten Knackpunkt im Visier. Der Forscher nutzt dazu Daten von in New York befindlichen Plattformen. Darin werden die Daten wie beschrieben nachträglich und in verschiedenen Formaten abgespeichert. Welche Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger beispielsweise gingen in den verschiedenen Bereichen New Yorks ein? Wie lässt sich aus diesen Daten schließen, welche anormale Situation vor Ort vorlag – auch als »spatio-temporal anomaly detection« bezeichnet? Und: Wie können Sensordaten künftig dabei helfen, solche unerwünschten Situationen zu vermeiden? Hierbei setzt der Forscher auf Künstliche Intelligenz, genauer gesagt auf Maschinelles Lernen, denn im Gegensatz zur Technik kann der Mensch all die Informationen gar nicht schnell genug überblicken.