Inwertsetzung von Mooren als CO₂-Speicher

Entwicklung KI-basierter Monitoring-Tools zur Förderung nachhaltiger Landnutzung

VALPEATS - Valuation of Peatland Ecosystem Services

In VALPEATS werden verfügbare Eingangsgrößen (z.B. Kartendaten, wissenschaftliche Studien, meteorologische Daten) mit Felduntersuchungen (z.B. Drohnenbilddaten, Wasserstandsdaten) verknüpft, mittels KI ausgewertet und klassifiziert. Dies ermöglicht schließlich eine polygonale Unterteilung der vorherrschenden Wasserstände bzw. Vegetation (z.B. Vegetationseinheiten oder Zeigerarten) auf unbekannten Flächen. Dadurch wird eine regelmäßige Zustandserfassung spezifischer Moorflächen ermöglicht, die die notwendige Datengrundlage für z.B. CO2-Zertifikate oder Smart Farming liefert.

Zur Quantifizierung der Klimaauswirkungen von Mooren wird (häufig) das GEST-Modell (Couwenberg et al., 2008, 2011; Joosten et al., 2013) verwendet. GESTs (Greenhouse-Gas-Emission-Site-Types) stehen für Arealtypen, die in Bezug auf ihre THG-Emissionen als homogen definiert und durch typische Vegetationsformen gekennzeichnet sind. Die Vegetation dient als Proxy für die Abschätzung des Wasserstands im Moor. Da dieser der Haupteinflussfaktor für die Emissionen ist, lassen sich daraus die CO2-Emissionen abschätzen. Die Herausforderungen bei der Bestimmung der GESTs sind Zeit, Personal (gesonderte Ausbildung im botanischen Bereich), räumliche Übergänge (Unschärfen) und eingeschränkte Skalierbarkeit. Von einer digitalisierten Lösung der Vegetationsbestimmung versprechen wir uns:

  • Engmaschiges Monitoring zur Quantifizierung des Emissionsrückganges
  • Erhöhen der Genauigkeit bei der Vegetationsbestimmung
  • Bessere Skalierbarkeit (mehr Flächenleistung bei gleichbleibendem Personaleinsatz und gleichbleibenden Kosten)
  • Einsatz von Personal ohne botanische Fachkenntnis
  • Kontinuierliche Qualität des Monitorings

Diese Punkte sollten dazu führen, dass Finanzprodukten, die auf Treibhausgaseinsparungen (CO2-Zertifikate) oder Biodiversitätsverbesserungen (AUKM, Ökopunkte, CSRD, …) basieren, ein Monitoring angeboten werden kann, das ressourcenschonend in der Lage ist, transparent und nachvollziehbar über relevante Veränderungen der beobachteten Ökosysteme zu berichten. Eine automatisierte, digitale Lösung des Monitorings verspricht darüber hinaus, die avisierten, zusätzlichen 50.000 ha wiedervernässtes Moor pro Jahr überwachen zu können.

Den Input für die KI-Modelle bilden Data Cubes (3D-Tensoren) und Metadaten. Die x- und y-Achsen des Data Cubes entsprechen den Geokoordinaten. Auf der z-Achse finden sich zum einen die Spektralbänder der Kamerasensoren sowie berechnete Werte, wie die Werte des digitalen Oberflächenmodells oder des NDVI-Vegetationsindexes. Die Metadaten, wie das Datum, enthalten wichtige Informationen für die Auswertung des Data Cubes, beispielsweise das phänologische Stadium der Pflanzen.

Wasserstandsmonitoring und hydrologische Modellierung

Zusätzlich zur Vegetationskartierung gewinnt die direkte Ermittlung der Wasserstände im Moor an Relevanz. Die zunehmende Häufigkeit von Extremwetterereignissen wie Trockenheit und Starkregen sowie die zunehmende Degradation von Moorböden durch fortschreitende Tiefenentwässerung beeinträchtigen die Korrelation aus Vegetation und Wasserstufe und erschweren somit die Ableitung der Treibhausgasflüsse mittels GEST. Vor diesem Hintergrund wird ein multisensorischer Ansatz zur Instrumentierung der Flächen und zur Ableitung von Hydrologieinformationen (u.a. Modellierung) im Moor entwickelt. Diese Informationen sollen mit dem GEST-Modell verknüpft werden.

Methodenübergreifende technologische Entwicklung ist in folgenden Punkten vorgesehen

  • Mit Multispektralkameras ausgestattete Drohnen erfassen hochauflösende Bilddaten von Mooren.
  • Deep-Learning-Modelle werden darauf trainiert, Vegetationsarten anhand ihrer spektralen Signatur sowie ihrer Form/Textur zu erkennen. Hierfür werden durch
  • botanische Kartierung mittels RTK-GNSS im Feld Trainingsdatensätze (Ground-Truth-Daten) generiert.
  • Neben den Luftbildern verbessern digitale Oberflächenmodelle und berechnete Indizes wie NDVI die Klassifizierung.
  • In situ Sensorik erfasst den Wasserpegel im Moor (Grundwasserflurabstand), die Sensorik ist an Gateways angebunden, welche eine automatisierte Datenübertragung sicherstellen
  • Der Grundwasserflurabstand wird durch hydrologische Modellierung mit Hilfe weiterer Randbedingungen modelliert
  • Die Anbindung des Datenstroms und die Implementierung der zu entwickelnden Algorithmen zur Auswertung der Eingangsdaten wird auf einer Onlineplattform realisiert. Zudem wird eine nutzerfreundliche graphische Darstellung der Daten als Dashboard und per API erarbeitet.
Ausblick auf eine mögliche Dashboarddarstellung

Paludikultur

Mit dem Begriff Paludikultur (von lat. „palus“ – nass) prägte das Greifswald Moor Centrum vor rund 25 Jahren den Überbegriff für verschiedenste Kulturtechniken, die auf nassen Mooren möglich sind. Beispielsweise sind der Anbau von Rohrkolben oder Schilf im Niedermoor als Ausgangsmaterial für Dämm- und Baustoffe sowie der Anbau von Torfmoosen als Ersatz von Torf in der Substratherstellung zu nennen.

Die Etablierung von Paludikultur, der Aufbau von Verwertungsketten für Biomasse aus jener sowie die Inwertsetzung der Ökosystemleistungen von Mooren werden als Schlüsselfaktoren für eine beschleunigte Wiedervernässung gesehen.

Die Entwicklung der Komponenten „Vegetationserkennung“ und „Wasserstandsmonitoring und hydrologische Modellierung“ eröffnet weitere Nutzungsmöglichkeiten, die die Etablierung von Paludikultur fördern können:

  • Der Großteil der Paludikulturflächen wird in Aufwuchspaludikultur bewirtschaftet werden. Aufwuchspaludikultur bedeutet, dass sich ohne gezielten Anbau bestimmter Pflanzen und allein durch die Anhebung des Wasserstandes auf Grund von Sukzession andere, Moortypische Pflanzenbestände etablieren. Erfahrungsgemäß ergeben sich vor allem in den ersten 10 Jahren heterogene Bestände, die schwer einer Nutzung zuzuführen sind. Die Klassifikation der Vegetation erlaubt eine Information über Qualität und Zusammensetzung geernteter Ballen. Mittels dieser Information kann beispielsweise die Verbrennung von Biomasseheizkraftwerken effizienter gesteuert werden oder entschieden werden, ob ein Ballen eher für die Verbrennung, als Futter oder für die stoffliche Verwertung geeignet ist
  • Mittels der Kenntnis über die Vegetationsentwicklung sowie die Hydrologie, kann sowohl in Aufwuchs- als auch in Anbaupaludikultur beobachtet werden, wie sich Bestände entwickeln und an welchen Stellen zur Ertragsoptimierung gezielt nachgesteuert werden muss
  • Der Aufbau von Verwertungsketten ist für die Etablierung von Paludikultur essenziell. Die Information über Art und Vorkommen von Paludikultur-Biomasse dient der verarbeitenden Industrie als Entscheidungsgrundlage für die Standortwahl ihrer Produktionsanlagen.